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JOURNALISTEN IN EUROPA

Unvergessene(s) 1986/87

Einer der Großen...

Philippe Viannay war ein Phänomen. Im Krieg einer der führenden Résistance-Kämpfer im Pariser Raum, danach Journalist und vor allem Philantrop... Er gründete die berühmte Segelschule von Glénans, vor allem aber das Centre de formation des journalistes, in dem später auch JE angesiedelt wurde, ebenfalls sein Baby. Wir haben das Glück, Philippe Viannay noch einige wenige Wochen zu erleben, bevor er im November 1986 einem tückischen Krebs erliegt. Einen Mann, Vaterfigur durch Alter, Erfahrung und Autorität, der aber begeisterungsfähig wie ein Junger sich auf Nachwuchsjournalisten aus der ganzen Welt einläßt, sich mit jedem persönlich beschäftigt, Zwischentöne sehr gut registriert. Wer mit ihm zu tun hat, vergißt das nicht mehr. Wir nehmen Abschied von ihm mit vielen vielen Anderen an der Ostspitze der Ile Notre Dame, am Mahnmal für die Deportierten. Adieu ami, et merci de tout...

Wer vom Rathaus kommt...

... sei schlauer, heißt es im Volksmund. Ob das immer stimmt? Anfang 1987 sind die Journalistes en Europe eingeladen ins Pariser Rathaus, und der Bürgermeister persönlich hält eine staatstragende und über das Kommunale weit hinaus gehende Rede: Jacques Chirac. Der ist in Personalunion Premierminister und leidet - aus seiner Sicht verständlich - unter der Cohabitation mit dem sozialistischen Staatspräsidenten Francois Mitterand. Irgendwie aber ist das eine unwirkliche Veranstaltung, mit viel heißer Luft... Bleibt nicht sonderlich im Gedächtnis und macht auch nicht schlauer. Merci quand-meme de votre hospitalité, Mr. Chirac...

Eingeschlafene Füße

Assemblée Nationale

Neben Philippe Viannay und der ehemaligen Express-Journalistin Arlette Marchal gehört Gerald Long zum engeren Führungszirkel des Programms. Der Engländer Long war ausgeprochen belesen, hatte lange als Korrespondent in Deutschland und in der Türkei verbracht, sprach fließend ein literarisches Französisch und Deutsch, und war zuletzt managing director der Nachrichtenagentur Reuters. Irgendwann stehen wir beide in den Repräsentationsräumen der Pariser Nationalversammlung zusammen. Parlamentspräsident Jacques Chaban-Delmas hat die JE-Gruppe eingeladen; der inzwischen verstorbene Philippe Viannay hatte das noch organisiert. Chaban - als früherer Bürgermeister von Bordeaux - läßt natürlich Wein aus dem Bordelais auffahren. Als ich - ganz begeistert von einem Sauternes - den Weinkenner Gerry Long nach dessen Meinung frage, meint der nur (auf Deutsch, aber mit breitestem britischen Akzent): "Eingeschlafene Füße!"